Matthias Kaiser

,Incomplete Circle‘

13. - 27.09.2013

    Podest: auf der Töpferscheibe gedrehte Gefäße aus Porzellan mit Aschenglasuren. (Reduzierend gebrannt bei 1250°C. Glasuren bestehen aus Feldspat, Schilfasche, Apfelbaumasche.)
    (enlarge: click image)





    Mit Matthias Kaisers Ausstellung ,Incomplete
    Circle‘ wird zum ersten Mal eine Position der
    angewandten Kunst in den beiden Ausstellungsräumen
    des Ve.Sch präsentiert. Dass dieser Ausstellungsraum
    einen Ort für eine Aus-einandersetzung
    mit der Ästhetik von Gebrauchsobjekten
    bietet, deutet sich indes bereits mit der minutiös
    designten Bar und dem subtilen Beleuchtungssystem
    an, die die Ästhetik des Ausstellungsraumes
    entscheidend durch ihre unaufdringliche Detailhaftigkeit
    bestimmen.Durch eine ähnliche Wertökonomie zeichnen sich
    Matthias Kaisers Keramikobjekte aus: Das „Auffällige“
    liegt im Detail.

    Die im grossen Raum situierte Installation besteht
    aus Gebrauchsgegenständen wie Tellern, Schalen, Bechern,
    etc. Durch deren Positionierung auf dem überdimensionalen
    Sockel wird unser Blick von der Funktionalität der
    Porzellanobjekte hin zu deren formalen Eigenschaften
    gelenkt. Matthias Kaisers Formensprache
    oszilliert dabei zwischen traditionellem
    japanischem Handwerk und einem europäischen
    Vokabular der Moderne (wie zum Beispiel jenem
    des Bauhaus). Im Einklang mit der japanischen
    Ästhetik und anders als in den Produktionsprozessen
    der Industrie, geht es dem Keramiker
    darum, die Eigenheiten der Materialien, wie sie
    sich im Laufe ihres Verarbeitungsprozesses entfalten,
    zuzulassen und als Resultat zu akzeptieren.
    Die Spuren der Herstellung, wie sie sich in der
    entgültigen Form der Objekte manifestieren,
    erzählen ihre eigene Geschichte. Es ist eine
    Geschichte, die nebst stilistischen Entscheidungen
    von chemischen Reaktionen, Zufällen und
    manchmal auch Fehlern handelt.

    In der Rezeption der Objekte kommen einem
    einige Assoziationen zu japanischer Ästhetik, die
    unter anderem von ausgewogener Assymetrie
    (wie ein unvollständiger Kreis), Understatement,
    Subtilität und der Lossagung vom Konventionellen
    bestimmt ist, in den Sinn. All diese Aspekte
    materialisieren sich in jenen kleinen Details, die
    Matthias Kaisers Ästhetik ausmachen, die sich
    im Freud’schen Sinn durchaus als unheimlich
    beschreiben lässt, indem die Objekte gleichzeitig
    unvertraut und vertraut wirken.1
    Vielleicht perpetuiert gerade dieses Unheimliche
    die Spannung zwischen Nutzen und Nicht-
    Nutzen, Nähe und Distanz, die von diesen
    Gegenständen ausgeht, die sich nicht zuletzt auch
    durch die mediale Selbstreflexivität der Objekte
    am Leben hält.

    Text: Isabella Ritter

    1. Sigmund Freud, Das Unheimliche, in: Imago.
    Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die
    Geisteswissenschaften V (1919), S. 297–324.



    Matthias Kaiser’s “Incomplete Circle” is the first
    presentation in the exhibition space Ve.Sch of a
    position on the applied arts. With its distinctive
    bar and its subtly characteristic lighting,
    the precise simplicity of the environment of
    Ve.Sch provides a particularly rich ground for
    a discussion of the aesthetics of functionality.
    Matthias Kaiser’s ceramics are distinguished in
    the same economy of value: there is meaning to
    be found in the details.The installation occupying
    the large gallery consists of plates, bowls, cups
    and other such articles of familiar, daily use. The
    out-sized pedestal upon which these are presented
    has the effect of channeling our attention away
    from their functionality, however, and onto
    their formal properties. Kaiser’s formal language
    oscillates between traditions of Japanese craft and
    European Modernism (for example Bauhaus).
    In harmony with the Japanese aesthetic, and
    in marked contrast to the processes of modern
    industrial production, those properties of the
    material that manifest themselves in the process
    of their manipulation, through irregularities and
    chance distortions, are accepted as integral to
    the finished product. These traces tell their own
    story, a story of the stylistic resolutions of chemical
    reactions, of chance, and sometimes even of
    mistakes.The objects generate associations with
    the principles of Japanese aesthetic philosophy:
    balance in asymmetry (like an incomplete circle),
    understatement, subtlety, and the rejection of
    conventional perfection, among others. In the
    smallest of details, these aspects of the work manifest
    a Freudian sense of the uncanny, whereby
    a thing appears at once familiar and ultimately
    unknowable. Perhaps it is this sense of uncanniness
    which perpetuates the tension between
    use and uselessness, closeness and distance, that
    not least of all emerges from the way in which
    the work reflects upon the nature of its medium
    itself.

    translation: Abraham Orden






    Studium der Produktgestaltung an der Parsons school of design, NY und der Universität für angewandte Kunst, Wien.
    Töpferlehren bei Fumitada Moriwaki, Seto und Takashi Nakazato, Karatsu.
    Lebt und arbeitet in Grafendorf und Wien.

    «www.matthiaskaiser.com