«Vesely Martin
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<Materialisierungen>



April 2010


1.) installation view Galerie Momentum: „o.T. (Blindboden)“, 2010, Fichte, Eisen & Fotografien;
2.) „k&k Kunstgießerei, MarcAnton Gruppe von Arthur Strasser – Wien“, 2010, C-Print, 40x50cm,
Rahmen: Eisen, mattschwarz, 48x72cm;
3.) exhibition view; 4.) „Limburgerstraße -Leipzig“, 2009, C-Print, 28x35cm, Rahmen: Eisen, mattschwarz, 35x52cm;
5.) „Cafe aux Folies, BelleVille – Paris“, 2008, C-Print, 28x35cm, Rahmen: Eisen, mattschwarz, 35x52cm;
6.) „Große Pfarrgasse – Wien“, 2009, C-Print, 47x35cm, Rahmen: Eisen, mattschwarz, 68x46cm;
7.) „k&k Kunstgießerei, Reiterdenkmal Karl Philipp zu Schwarzenberg von Ernst Hähnel – Wien“, 2010,
C-Print, 35x28cm, Rahmen: Eisen, mattschwarz, 52x35cm.





Der Fotografie ist mit höchstem Misstrauen zu begegnen.
Meine künstlerische Praxis in die Objektkunst auszulagern scheint mir bis heute eine notwendige Maßnahme zu sein, sich all jener blinden Flecken zu erwehren, die sich im Umgang mit einem Medium immer, wie bei der Wahrnehmung selbst, ergeben können. Das Großformat 8×10 ist für meine fotografische Herangehensweise die entsprechende technische Konstruktion.
Mit dieser Apparatur ergeben sich detaillierteste Aufzeichnungen. Erst durch die analoge Präsentationsgröße des Prints wird das adäquate Verhältnis, die Harmonie in der Information und in den Farben gehalten.
Auch beim Studium des realen Raumes versuche ich, die „Ober- und Untertöne“ der jeweiligen Orte genauer zu erfassen, und nicht als ein Außenstehender, der aus einem distanziertem Standpunkt heraus einen möglichst nahen Blick auf die Geschehnisse wirft. Die Poesie des Raumes, das nicht Übersetzbare, das Dazwischen, bleibt im analogen Print spürbar. Auf diesen (technischen) Bedingungen aufbauend beginnt die Suche nach Klarheit und Konkretion. Ich erweiterte mein künstlerisches Betätigungsfeld in Richtung funktionale Objekte und versuche „Teil von Strukturen“ zu werden:

“In allen Materialisierungen ist Gelebtes/Gedachtes & Konzipiertes implizit/explizit enthalten und mit unterschiedlichen
Bedeutungen aufgeladen. Diese zu dekodieren und neu zu interpretieren, in das Medium Fotografie und funktionales Objekt zu
übersetzen sehe ich als meine persönliche Herangehensweise an das stratifizierte, vielschichtig kodierte Gebilde Kunst. Ich sehe
die (soziale und ästhetische) Verantwortung darin, diese materiellen und diskursiven
Strukturen zu explizieren und in die künstlerische Arbeit zu übersetzen.”
Textpassage für “Lebt & arbeitet III. – Stars in a Plastic Bag”


Was sind die informellen Kriterien – die Kriterien des Arbeitsprozesses – in der Fotografie? Die Arbeitsprozesse – die unzähligen Wiederholungen, das daraus gewonnene Mehr an Erfahrung, das Finden der richtigen Proportionen, den Verhältnissen auf der Spur, werden in die künstlerische Arbeit übersetzt.
So manches Stück, so mancher Raum ist einige Male zu reproduzieren, das Handwerk bleibt noch spürbar. Ich selbst
habe das Handwerk nicht gelernt, die daraus resultierenden Unregelmäßigkeiten erzeugen Varianz, die “Auren” der jeweiligen objekthaften Konstruktionen bzw. der Fotografien entfalten erst in diesem Zusammenspiel ihre Wirkung.
Hierbei lassen sich Parallelen, oder besser Übergänge, zwischen dem informellen Arbeitsprozess und „auratischer“ Wirkung feststellen: Den Auren ist man durch unzählige Abfolgen, Wiederholungen teilweise schon nachgekommen, sie werden reproduziert, das jeweilige Medium zeigt sich in der “Materialisierung” selbst, der Standpunkt ist sichtbar gemacht, das Bild scheint abgeschlossen, aus der Betrachtung ist aller Prozess abzulesen. Die Dekodierung beginnt von Neuem und mit Misstrauen sind wir ausgestattet …


(Text: Martin Vesely)


„o.T. (Haus ohne Seitenfronten)“, 2009, C-Print, 35x28cm, Rahmen: Eisen, mattschwarz, 52x35cm